Nazanin Noori
THE ECHO OF PROTEST IS DISTANT TO THE PROTEST

Ort: Kapelle der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche
Breitscheidplatz, 10789 Berlin
Zum Anlass der Buchvorstellung wird Nazanin Noori eine neue Soundarbeit präsentieren – IF THERE IS GOD NO ONE WILL BE DAMNED / A HOLLOW SONG SUSPENDED, gefolgt von einem Gespräch mit Nan Xi, Assistenzkuratorin von CCA Berlin.

Nazanin Nooris Künstlerbuch THE ECHO OF PROTEST IS DISTANT TO THE PROTEST ist eine Fortführung ihrer gleichnamigen Einzelausstellung im Jahr 2024 im CCA Berlin. In der Ausstellung münden Klang, Skulptur und Text in eine immersive Rauminstallation, die sich mit den psychischen Folgen politischer Proteste auseinandersetzt. Ausgehend von der jüngsten Widerstandsbewegung gegen die Islamische Republik Iran, die durch den Tod von Jina Amini im Jahr 2022 ausgelöst wurde, reicht die sonisch-poetische Assemblage weit über diesen Kontext hinaus. Sie befasst sich mit der digitalen Verbreitung von Protest, der emotionalen (Im-)Mobilisierung der Öffentlichkeit und dem Spektakel des Leidens.

Das Herzstück des Buches bildet ein visuelles Gedicht, das Noori auf Englisch verfasst hat. Es erweitert die Wortskulpturen der Ausstellung (MY HEAVY HEARTED HEAVY HOME WALKS ON HEAVY HEARTED HEAVY FEET). Auf den Buchseiten überschreiben die Zeilen des langen Gedichts einen schiitischen Trauergesang auf Farsi: ای کوفیان بی وفا („O Kufiten, ihr Treulosen“). Dieses Klagelied über die Schlacht von Karbala – ein zentrales Ereignis in der Geschichte des schiitischen Islams, das jährlich im Monat Muharram erinnert wird – wurde von Shahab Mousavi verfasst und 2012 erstmals bei Zeremonien in Yazd, Iran, von einem rein männlichen Chor aufgeführt. Während der Jina-Amini-Proteste wurde es als politischer Slogan neu gedeutet: بیزارم („Ich bin müde / Ich bin es leid / Ich hasse.“).

In Nooris grafischen-dialogischem Polyptychon verkörpern die Farsi-Wörter den Chor des Patriarchats, dem das englische Gedicht einen subversiven feministischen Kommentar – gesprochen von der Künstlerin selbst – entgegensetzt.

Begleitend zum Hauptbuch erscheint ein ergänzendes Booklet mit Essays von Athena Athanasiou, Rosa Burç und Nan Xi sowie einer Einführung von Fabian Schöneich. Diese Beiträge kontextualisieren Nooris Werk aus Perspektiven der Sozialanthropologie, Sound Studies, Politikwissenschaft und zeitgenössischen Kunst – in deutscher und englischer Sprache.

Das Buch wurde durch die Stiftung Kunstfonds gefördert. Herausgegeben vom Spector Books.

Nazanin Noori (geb. 1991) ist eine Künstlerin, die in Berlin lebt und arbeitet. Ihre interdisziplinäre Arbeit umfasst Klangkunst, Live- und Lecture-Performance, Installation, Regie und Text. Ihre jüngste Soundarbeit HAAL wurde von Deutschlandfunk Kultur in 2022 in Auftrag gegeben. Ihr Debütalbum FARCE wurde 2020 veröffentlicht. Im selben Jahr war sie Artist-in-Residence an der Jungen Akademie der Künste in Berlin. Nazanin Nooris Sound- und Rauminstallationen waren im EIGEN + ART Lab, in der Akademie der Künste und als Teil der Transmediale zu sehen. Ihre Sound-Performances wurden unter anderem bei den Berliner Festspielen, in der Villa Massimo, in der Halle am Berghain, im Haus der Kulturen der Welt, im Museum Angewandte Kunst, im Schauspielhaus Zürich und als Teil von CTM aufgeführt. Ihre Theaterarbeiten wurden am Deutschen Theater und am Berliner Ensemble aufgeführt. Ihre Klangszenarien wurden in verschiedenen Radiosendern in Afrika, Asien, Amerika und Europa präsentiert, darunter Refuge Worldwide, Mutant Radio und Deep House Tehran. Nazanin Noori ist außerdem Teil des Improvisations-Trios Parvaresh/Noori/Zahedi und tritt als Modularsynthetistin und Vokalistin auf, neben der Bassklarinettistin und Klarinettistin Shabnam Parvaresh und Azin Zahedi, die Santoor, Bansuri und Flöte spielt.

Nazanin Nooris Einzelausstellung THE ECHO OF PROTEST IS DISTANT TO THE PROTEST ist derzeit bei Auto Italia in London zu sehen, die in Zusammenarbeit mit dem CCA Berlin realisiert wird. Sie erhielt kürzlich den ars viva Preis 2026.