Hanne Lippard
The Myths and Realities of Achieving Financial Independence

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Hanne Lippard, The Myths and Realities of Achieving Financial Independence, 2013, 2-Kanal Sound-Installation, 11:13 min, Ausschnitt.

Eröffnung: 18. Mrz. 2022, 18–21 Uhr
Lesung von Hanne Lippard: 18. Mrz. 2022, 19 Uhr

The Myths and Realities of Achieving Financial Independence (2013) ist eine Soundinstallation der Künstlerin Hanne Lippard, die sich spielerisch mit der unbestimmten Figur der "she" [“sie”] in dem bekannten englischen Zungenbrecher "She sells seashells on the seashore..." [“Sie verkauft Muscheln am Strand”] auseinandersetzt. Indem sie den Text immer wieder wiederholt, Fehler macht und vom Originaltext abweicht, versucht Lippard, sich diesem geheimnisvollen “she” zu nähern.

Wer ist sie? Warum verkauft sie Muscheln - am Strand?

Im Laufe der Erzählung verschwimmt die Realität mit der Fiktion, Muscheln werden zu Seifen, und der Himmel wird zu “einem Ort über dem Meeresspiegel", während der Lohn der Protagonistin leider "weit unter dem Meeresspiegel" liegt. Am Ende versteinert “sie” zu einer Muschel.

Lippard setzt sich humorvoll und doch präzise mit Sprache, deren Möglichkeiten und Geheimnissen, auseinander und entwickelt aus dem Zungenbrecher heraus eine absurde und für viele “shes” leider auch realistische Erzählung. Ideen und Träume von finanzieller Unabhängigkeit entwickeln sich zu einer Abwärtsspirale von vornherein ausgeschlossenen/unmöglichen Optionen – und enden in Verzweiflung. 

Die Inspiration für diesen Zungenbrecher, der zunächst ein Lied war, soll die Engländerin Mary Anning gewesen sein, eine echte Muschelverkäuferin, die auch Fossilien sammelte und der Wissenschaft wichtige Informationen über prähistorisches Leben lieferte. Anning stammte aus der Arbeiterklasse und verdiente ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Fossilien an Geologen und Touristen an der Küste.

Während unklar bleibt, was aus der semi-fiktionalen volkstümlichen Figur der Anning wurde, verkauft Lippards “she” ihre “Muschel” schließlich an den Besitzer des Strandes. 
Wie so oft in Lippards Werk, wird auch in The Myths and Realities of Achieving Financial Independence Sprache kritisch eingesetzt, um dominierende gesellschaftliche und linguistische  Konditionen und Phänomene sichtbar zu machen – wobei immer auch ein Hauch an Feminismus mitschwingt.

Unterstützt von der Königlich Norwegischen Botschaft in Berlin.

Das Programm des CCA Berlin für das Jahr 2022 ist unter dem Titel Pilot organisiert und versteht sich als ein Testfeld für die Ausstellungsarbeit dieser neuen Institution. Es wird sich im Laufe der ersten 12 Monate durch Einzelpräsentationen bestehender Werke von Künstler*innen entfalten. Pilot zielt darauf ab, Werke hervorzuheben und wieder aufzugreifen, die aus verschiedenen Gründen für die Entwicklung des CCA Berlin von Bedeutung sind und daher als kuratorische Blaupause für künftige Kooperationen und ästhetische Fragestellungen der Institution agieren.

 

Hanne Lippard arbeitet mit Text –vermittelt durch ihre eigene Stimme– in Form von Performances und Lesungen sowie von Soundaufnahmen und Installationen. Ihre künstlerische Forschung konzentriert sich auf die Verwendung des weiblichen Körpers als Behälter für Sound, sowie auf die bewusste und unbewusste Automatisierung von Sprache und Sprechen. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Lippard präsentierte Einzelausstellungen u.a. im FRAC Lorraine, Metz; M HKA, Antwerpen im Rahmen von SUPERHOST 2021; Goethe Pop Up Minneapolis; KW Institute of Contemporary Art, Berlin; Stavanger Kunsthalle; und SALTS, Birsfelden.

Hanne Lippard, The Myths and Realities of Achieving Financial Independence, Ausstellungsansicht, 2022. Foto: Diana Pfammatter

Hanne Lippard, The Myths and Realities of Achieving Financial Independence, Ausstellungsansicht, 2022. Foto: Diana Pfammatter

Hanne Lippard, The Myths and Realities of Achieving Financial Independence, Ausstellungsansicht, 2022. Foto: Diana Pfammatter