He Xiangyu
​House of Nations

He Xiangyu, House of Nations, Ausstellungsansichten, CCA Berlin, 2022. Fotos: Diana Pfammatter

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House of Nations ist ein Film-Arbeit des Künstlers He Xiangyu, die in den letzten beiden Jahren in Berlin gedreht wurde. Der Protagonist des Films, ein chinesischer Austauschstudent, radelt mit dem Fahrrad durch die Stadt, trifft sich mit Kommiliton*innen und badet allein in einem See, während die erste Pandemie die gesamte Welt abriegelt. Sein scheinbar trivialer und ereignisloser Alltag wird von Zeit zu Zeit durch Großaufnahmen eines schweren Teppichs, eines flackernden Lagerfeuers, sich aneinander reibender Hände und zweideutiger Interaktionen im Schnee unterbrochen. Diese zugleich intimen und voyeuristischen Szenen werden sorgfältig zu einem filmischen Ganzen verwoben, aus dem eine Erzählung der Entfremdung immer deutlicher hervorgeht.

Der Titel des Films ist nach dem Studierendenwohnheim in Berlin-Wedding benannt, in dem der Protagonist wohnt. Von der Fondazione In Between Art Film in Auftrag gegeben, versucht House of Nations, Themen wie z.B. das Übersetzen und ihrer Komplexität einzugehen.

House of Nations erweitert Xiangyus Erkundung und visuelle Umsetzung nonverbaler Formen des körperlichen Ausdrucks. Hier ist der Künstler sowohl Dokumentarist als auch Begleiter, indem er den Alltag seines Protagonisten einfängt und in diesen eingreift; die Aufnahmen mit der Handkamera machen die sonst unsichtbaren Affekte, die ihn durchdringen, sinnlich erfahrbar. Im Laufe des Films begegnet man vielen räumlichen Schauplätzen: undurchsichtigen Stadträumen; Wohnräumen, die durch Gänge, Glühbirnen und Türen, die nacheinander aufgestoßen werden müssen, geteilt sind; sowie auch Naturräumen, die durch Überbelichtung abgeschwächt, aber von einem Gefühl der Leichtigkeit durchdrungen sind, scheinbar grenzenlos und entspannend. Solche Räume zusammen mit deren unterschiedlichen Beleuchtungsbedingungen bilden eine Metapher für eine Umgebung, in der man sich weder zurechtfindet noch widersetzt.

Der Film wurde in Europa während der Covid-19-Pandemie gedreht, einer Zeit, in der die Ausgrenzung und rassistische Diskriminierung asiatischer Gruppen erheblich zum Vorschein kam. Generell als „vorbildliche“ Minderheit wahrgenommen, waren Asiat*innen der alltäglichen systematischen Diskriminierung und Disziplinierung überdrüssig. Die Erfahrungen des Protagonisten von House of Nations, die von seiner Angst vor einer ungewissen Zukunft und seiner Ohnmacht gegenüber Isolation und Segregation geprägt sind, spiegeln die Erfahrungen verschiedener Gemeinschaften von Migrant*innenenen wider.

Im Vergleich zu Xiangyus anderen Film- und Videoarbeiten ist House of Nations deutlich „roher“, analoger und spontaner. Dennoch lassen sich zahlreiche Parallelen feststellen, insbesondere das Interesse am Rhythmus des Films, das auch in seinem früheren Werk Terminal 3 (2016-19) zu beobachten ist. Die Filmemacherin und Theoretikerin Trinh T. Minh-ha schrieb: „Rhythmus prägt die Erfahrung eines Films, (...) man arbeitet vor allem mit Rhythmus.“ Trinh zufolge wird die Beziehung zwischen den einzelnen Komponenten von Ton und Bild nonverbal durch Rhythmus bestimmt. Rhythmus vermittelt eine Erfahrung der Vielfältigkeit zwischen Hören und Sehen, wobei weder der Text vom Bild beherrscht wird, noch das Bild vom Text vermittelt wird. Daher kann eine solche Erfahrung die ansonsten statische Wahrnehmung von Menschen und Ereignissen verändern.

Dieser Film kann auch als filmisches Porträt gesehen werden. Die fast sprachlose „Performance“ des Protagonisten erinnert an eine Reihe neuerer Skulpturen des Künstlers, die privaten Denkmälern ähneln und Eins-zu-Eins-Darstellungen seiner engsten Freund*innen zeigen. Bei der Herstellung dieser Skulpturen sucht Xiangyu fast besessen von Innerlichkeit und Unsichtbarkeit nach passenden Materialien. In seinen Materialexperimenten für Asian Boy (2019-20) beispielsweise, die Skulptur eines vorpubertären Jungen, der eine Dose Limonade öffnet, ist der künstlerische Prozess nicht vordergründig visuell, sondern konzentriert sich durch „Stille“ auf den Sound und das (Zu-)Hören. Dieses scheinbar verdrehte Verständnis von „Töne sehen, Bilder hören” bricht in Wirklichkeit die Dichotomie zwischen Sehen und Hören auf und schafft die Möglichkeit für neue Kommunikationsformen.

Hanwen Zhang
 

He Xiangyu, House of Nations​, Standbilder, 2021.

Hanwen Zhang ist Forscherin und Kuratorin und lebt in Berlin. Ihre Forschungsschwerpunkte sind feministische Epistemologie, drittes Kino, kritische Theorie und Kulturpolitik.

 

Der Film House of Nations wurde ermöglicht durch die großzügige Unterstützung von Fondazione In Between Art Film und der Gesellschaft für Deutsch-Chinesischen kulturellen Austausch e.V.
 

Das Programm des CCA Berlin für das Jahr 2022 ist unter dem Titel Pilot organisiert und versteht sich als ein Testfeld für die Ausstellungsarbeit dieser neuen Institution. Es wird sich im Laufe der ersten 12 Monate durch Einzelpräsentationen bestehender Werke von Künstler*innen entfalten. Pilot zielt darauf ab, Werke hervorzuheben und wieder aufzugreifen, die aus verschiedenen Gründen für die Entwicklung des CCA Berlin von Bedeutung sind und daher als kuratorische Blaupause für künftige Kooperationen und ästhetische Fragestellungen der Institution agieren.

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​House of Nations

House of Nations 是艺术家何翔宇近年在柏林完成的一部短片。影片以一位中国留学生为主角,记录了他在新冠病毒大流行造成的第一次全球性封锁期间,骑单车在城市穿梭,与同学相聚,还有独自在湖中沐浴等场景。他看似琐屑的,毫无波澜的日常生活被一系列特写镜头贯穿和分割: 沉重的地毯,攒动的篝火,揉搓中的双手还有雪地上充满隐喻的互动。 镜头时而亲密,时而疏离,使编织在整部影片中的异化感变得愈发可触。

片名 House of Nations 取自主角居住的,位于柏林 Wedding 区一个学生公寓的名字。受Fondazione In Between Art Film委任制作,这部影片回应主题“翻译”及其延伸出的讨论。与影片中的所有内容一样,其标题命名本身也正契合了这一主题所蕴含的复杂性。

这部影片延续了艺术家对难以言表的、私密的身体感知的探索和转译。艺术家既作为导演, 也作为一个陪伴者渗入主角生活的日常和他的感知之中。尤其是手持相机拍摄贯穿始终,给予这部新作中无形的压抑和不可触碰的期待几乎物化的质感。众多可能生成故事的碎片在影片中流动穿梭 ── 瞬间闯入的思绪和突然流转的意念 ──再次创造了,也为观者捕捉了稍纵即逝的感受。

贯穿整部影片,“空间”在很多层面上被艺术家提取和运用: 晦暗不明的城市空间; 被走廊,白织灯和门划分的居住空间 ── 让人印象深刻的是那很多扇需要被接连推开的门; 还有以过曝调和的自然景观空间──虽然渗透着空气感,貌似自由舒畅,但是隐隐之间, 似乎无孔不入的无力感张弛着。这些对于明暗和空间的运用恰到好处地构建了一个有关个体既无法探明又无法反抗的大环境的隐喻。

这部作品是在病毒肆虐下的欧洲拍摄的,亚裔群体受到排斥的事实在这一时期以极端的形式暴露了出来。向来被套以“模范少数族裔”的亚裔们早已在日常系统化的歧视和规训下精疲力尽。这部作品则以主角个人的处境和他面对不知所向的未来的压抑,以及疫情下夹杂在孤立和隔离之间的无力抵抗,使其能够与更为广泛的移民群体及其经历产生共鸣, 从而将个人的感知延伸到了群体的层面。

较之何翔宇其他的影像作品,House of Nations 这部作品显得直白又随机。一方面似乎会使人认为,这部作品构成了艺术家创作的一个转向,但同时又能感受出这部作品与他的另一部影片 Terminal 3 (2016-2019)有着相似的对节奏的探索。电影制片人和理论家郑明河曾写道,“节奏标志了一个人对电影的体验,制作影像作品的第一要事即是在节奏上的工作。” 存在于声音和图像及其内部所构成的关联,正是由非语言化的“节奏”来决定。节奏传达了之于听与看之间的一个具有多重性的经验。在这种经验当中,文本既不被图像统治,图像也不被文本所控。这种经验从而可以不断地改变一个人对人和事看法的基础。

这部影片也可以被视为一个电影肖像作品。片中主角几近无言的"表演"似乎与艺术家另一系列犹如私人纪念碑般的雕塑作品呼应着:在这一系列作品中,艺术家等大比例地翻制了身边的密友。在制作这系列雕塑的时候,艺术家对材料的审慎和追求恰恰透漏了他对不可见、不可言喻的,更深层的感觉和共鸣的执着。 正如他对雕塑作品Asian Boy(2019-2020)所作的材料试验。 这件作品描述了一个正在开可乐罐的小男孩,艺术家所追求的并不是确凿的材料的视觉效果,而是“安静” ── 一个对声音和听觉的表述。“看得见的声音,听得见的图像” ── 这样似乎错置了的感知实际上打破了视和听的二分,建立了重新获得感受的过程,也为重新交流创造了可能。

张瀚文

张瀚文是一位驻柏林的研究员和策展人。她的研究重点是女性主义认识论、第三电影、批评理论和文化政治。

​电影 House of Nations 是在Fondazione In Between Art Film和德中文化交流协会的慷慨支持下完成的。