Women's History Museum
The Massive Disposal of Experience

Eröffnung: 13. Sep. 2022, 18–21 Uhr

 

Women's History Museum, The Massive Disposal of Experience, Ausstellungsansicht, CCA Berlin, 2022. Fotos: Diana Pfammatter

I sell clothing for a living. I put up a backdrop and get into character. Will you buy my stuff? It is vintage and rare after all.

[Ich verkaufe Kleidung für meinen Lebensunterhalt. Ich baue einen Hintergrund auf und schlüpfe in die Figur. Kaufst du meine Sachen? Es ist schließlich Vintage und selten.]

Experience, die Protagonistin in Women’s History Museums neuer Videoarbeit The Massive Disposal of Experience, posiert für die unsichtbare Kamera in einer Reihe von Outfits und vor mehreren, oft wechselnden, aufgeblasenen Titelseiten des Psychology Today Magazins. Der*die Betrachter*in hört nur das altmodische Klickgeräusch der Kamera, während Experience ständig die Outfits wechselt – eine scheinbar endlose und ziellose Aktivität.

 

Welcome. Thank you for browsing. Thank you so much for your support.

[Herzlich willkommen. Vielen Dank fürs Stöbern. Vielen dank für Ihre Hilfe.“]

Wenige Minuten später wandert Experience wieder in neuem Outfit durch die Straßen von New York City. Ein neues Outfit für jede neue Szene. Tatsächlich sind es diese Outfits, die die eigentlichen Stars des Videos sind. Alles und jeder dreht sich um sie.

CCA Berlin freut sich, die erste Einzelausstellung des New Yorker Duos Women’s History Museum in Deutschland zu präsentieren. Neben dem neuen Zweikanal-Film The Massive Disposal of Experience werden Kostüme der Protagonistin Experience auf Schaufensterpuppen inmitten von Einkaufstüten und Sitzgelegenheiten gezeigt, die Zeitschriftenstapel ähneln. Zusammen inszenieren diese Elemente ein Ensemble, das an verlassene Einzelhandelsflächen und Einkaufszentren erinnert und das Filmset in den Ausstellungsraum erweitert.

Women's History Museum arbeitet mit recycelten Materialien, Vintage-Kleidung und ausrangierten Textilien. Das Künstlerinnenduo interessiert sich für das unausgeschöpfte subversive Potenzial von Mode sowie für ihre historische Bedeutung als oft nicht ernst genommener Schauplatz weiblichen Konsums und Kreativität. Für Women's History Museum sind die möglichen Schnittstellen und Möglichkeiten von Mode für kritisches Engagement und feministischen Widerstand wichtiger Bestandteil ihrer künstlerischen Praxis.

Ihr künstlerischer Umgang mit Kleidung umfasst Collagen, Manipulationen und Pastiche, wobei sie historisch wichtige weibliche Kunstpraktiken zitieren, und gleichzeitig jedem Kleidungsstück eine eigene Urheberschaft verleihen.
Gleichzeitig verurteilt ihre Arbeit die Just-in-Time-Logistik, verschwenderische Überproduktion und Ausbeutung von Arbeitskräften, die symptomatisch für die konventionelle Modeindustrie, aber auch für den globalen Kunstbetrieb sind.
Neben ihrer künstlerischen Praxis betreibt Women's History Museum einen Online-Vintage-Shop, der Fans und Anhänger*innen die Möglichkeit gibt, Zugang zu sonst unerschwinglichen Designerstücken zu haben – eine Geste, die etablierte Klassenunterschiede und -attitüden verwischt und verwirrt. Manchmal findet während einer Ausstellung der Verkauf von Vintage-Kleidung statt. Oder die ausgestellten Kleidungsstücke werden durch performative Modenschauen aktiviert. Dem Duo gelingt es damit, nicht nur ihre unmittelbare Community und sein soziales Netzwerk, sondern auch eine breitere Öffentlichkeit jenseits der bildenden Kunst zu erreichen.​

In Berlin wird Women's History Museum Kunst- und Modestudierende, Künstlerkolleg*innen sowie Designer*innen und Autor*innen zum Austausch einladen, um gemeinsam ihre Praxis zu verorten und zu erweitern.

 

Das Programm des CCA Berlin für das Jahr 2022 ist unter dem Titel Pilot organisiert und versteht sich als ein Testfeld für die Ausstellungsarbeit dieser neuen Institution. Es wird sich im Laufe der ersten 12 Monate durch Einzelpräsentationen bestehender Werke von Künstler*innen entfalten. Pilot zielt darauf ab, Werke hervorzuheben und wieder aufzugreifen, die aus verschiedenen Gründen für die Entwicklung des CCA Berlin von Bedeutung sind und daher als kuratorische Blaupause für künftige Kooperationen und ästhetische Fragestellungen der Institution agieren.