Nicolas Moufarrege
Mutant International

Eröffnung: 9. Feb. 2023, 18-21 Uhr

Nicolas Moufarrege, The Truth About John The Baptist, 1983.

CCA Berlin - Center for Contemporary Arts und Bidoun freuen sich, Mutant International anzukündigen, eine Ausstellung mit ausgewählten Werken des in Ägypten geborenen libanesischen Künstlers Nicolas Moufarrege (1947-1985) – seine erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland.

Moufarrege, ein herausragender bildender Künstler, Schriftsteller und Kurator, schuf im Laufe seiner zehnjährigen Karriere, die sich über Beirut, Paris und New York erstreckte, ironische, anspruchsvolle und überschwängliche Werke. In seiner Praxis stellte er den westlichen Kunstkanon und die levantinischen Webtraditionen durch respektlose Auseinandersetzungen mit Malerei und Nähen, Graffiti und Collage, Pop und Esoterik auf den Prüfstand. Moufarrege begann in den 1970er Jahren in Beirut zu arbeiten, verließ das Land jedoch kurz nach den katastrophalen Anfängen der langen Bürgerkriege und zog nach Paris, wo er zunächst große, an Wandteppiche angelehnte Werke schuf. 1981 kam er im New Yorker East Village an, als sich gerade eine Kunstszene inmitten einer Handvoll verfallener Mietskasernen bildete. In dieser Stadt kuratierte er ungewöhnliche, vieldiskutierte Ausstellungen, verfasste aufsehenerregende Essays und Manifeste und zeigte seine eigenen, nicht einzuordnenden Kunstwerke. In New York starb er auch im Alter von 37 Jahren an den Folgen von AIDS. 

Moufarreges sui generis, sein formveränderndes Werk bleibt in den Annalen der Kunstgeschichte weitgehend unbeachtet - auch im Libanon, trotz all der illustren Bemühungen der letzten 15 Jahre, der Kunst aus dem weiteren arabischsprachigen Raum einen Sinn zu geben. Aber sie fehlt auch in den meisten Retrospektiven zur amerikanischen Malerei der 1980er Jahre oder zur Pictures Generation. Was die East Village-Szene betrifft, mit der er so eng verbunden war, so ist er eher eine Fußnote, eine Kuriosität mit einem fremd klingenden Namen. 

Die übersichtliche Auswahl an Werken - Wandteppiche, gestickte Gemälde und Zeichnungen - sowie Archivdokumente und Ephemera, die im Rahmen der Ausstellung Nicolas Moufarrege: Mutant International zu sehen ist, zeichnet einen reichhaltigen künstlerischen Werdegang nach, der von der Sehnsucht der Diaspora und der Queer-Jouissance geprägt ist und sich aus einem bunten Sammelsurium von Referenzen zusammensetzt, die von islamischer Kalligrafie über Superhelden-Comics und Werbekulturen bis hin zu schwuler Erotik reichen.

Während Moufarreges Name nach seinem viel zu frühen Tod so gut wie verschwunden ist, haben sich CCA Berlin und Bidoun zum Ziel gesetzt, die Aufmerksamkeit auf sein weitgehend unbekanntes Werk zu lenken. Gleichzeitig nutzen beide Institutionen diesen Moment als Sprungbrett für eine breitere Diskussion über Kunst und Auslöschung, queere Ästhetik in der Kunst des 20. Jahrhunderts und das kulturelle Vermächtnis der AIDS-Epidemie. Am 12. März findet ein von Bidoun organisiertes öffentliches Symposium mit Nick Mauss, Michael C. Vazquez, Kaelen Wilson-Goldie, Hala Halim und anderen statt, bei dem Moufarreges idiosynkratisches Werk aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet wird, unter anderem durch Gespräche mit und über die Städte, in denen er lebte und arbeitete - legendäre kosmopolitische Enklaven, von Alexandria in den 1950er Jahren über Beirut in den 1960er Jahren und Paris in den 1970er Jahren bis New York in den 1980er Jahren.

Das in New York ansässige und von Negar Azimi, Michael C. Vazquez, Anna Della Subin, Tiffany Malakooti, Babak Radboy und einer Reihe mitwirkender Redakteure aus aller Welt geleitete Bidoun ist eine preisgekrönte Verlags- und Kurator*innen-Plattform, die sich der Produktion neuer Bilder und Ideen aus dem Nahen Osten und seiner Umgebung verschrieben hat. Zu den bisherigen Projekten gehören Ausstellungen, Bücher, eine Zeitschrift, Filmprogramme, eine Wanderbibliothek, Vorträge, Performances und ein Online-Archiv für Avantgarde-Medien.

Die Werke, die in der Ausstellung Nicolas Moufarrege: Mutant International zu sehen sind, wurden von Negar Azimi (Bidoun) und Edwin Nasr (Assoziierte*er Kurator*in CCA Berlin) ausgewählt.

Nicolas Moufarrege: Mutant International wurde durch die großzügige Unterstützung von Mohammed Fakhro, Raghida Ghandour, Ranya Husami Ghandour, Maria Sukkar, Tony Tamer und Sultan Al Qassemi ermöglicht. Besonderer Dank geht an Nabil und Hanan Moufarrege sowie Dean Daderko.

 

Nicolas Moufarrege, Mutant International, Ausstellungsansichten, CCA Berlin, 2023. Fotos: Diana Pfammatter/CCA Berlin