Compostlight

2023/24
Bambus, Karton, Holz, Motor, Spiegel, Glühbirnen, Vergrößerungslinsen und Zwiebelschalen
Verschiedene Maße

Die kinetische Lichtinstallation am Eingang zur Ausstellung Offerings for Escalante schafft einen Zwischenraum der Besinnung. Sie ist von einer festlichen Discolampe inspiriert, die Enzo Camacho und Ami Lien auf einem Bungkalan-Gelände auf Negros gesehen haben. Bungkalan bedeutet wörtlich übersetzt „kultivieren“ und bezieht sich auf die kollektiven Aktionen der örtlichen Bäuerinnen und Bauern, die im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die staatliche Landreform kleine Parzellen besetzen, um verschiedene Feldfrüchte für ihren eigenen Lebensunterhalt anzubauen. Durch eine spezifische Anordnung von Linsen und Spiegeln werden raffinierte Muster lichtdurchlässiger Zwiebelschalen auf die umliegenden Wände projiziert. Sie bewegen sich fortlaufend in einem Kreis, der weder einschließt noch begrenzt. Die Installation eröffnet einen Raum für die unendliche Tiefe der Trauer, Hoffnung oder andere Wünsche und Gefühle, die im Angesicht des Lichts hervortreten. Diese Offenheit signalisiert, dass die Geschichte des Landes und die vielfältigen Geschichten der Beziehungen der Menschen zu dem Land weder einen Anfang noch ein Ende haben. Compostlight bietet eine Fragmentierung der Perspektiven, ein Erinnerungsinstrument zur Vervielfältigung von Formen und Gestalten, das Abfallstoffe in einen nährstoffreichen Boden verwandelt—für die Kultivierung von Geschichten und Vorstellungen von dem, was noch kommen wird.

Zu den Papierarbeiten

Die sieben handgefertigten Papierarbeiten wurden von Camacho und Lien allesamt in Berlin geschaffen. Dabei verwendeten sie natürliche Materialien, die sie auf ihren Recherchereisen auf der Insel Negros gesammelt hatten, darunter Bagasse (Zuckerrohrfaser), Bananenstängel, Kokosnussschalen, Cogon-Gras, Sargassum-Algen, Taro-Triebe und Muscheln. In den letzten Jahren haben die beiden Künstler wiederholt Workshops zur Papierherstellung mit lokalen Gemeinschaften auf den Philippinen und an anderen Orte der Welt organisiert und dabei eine kollaborative, kreative Praxis entwickelt, die auf gegenseitigem Lernen und Wissensaustausch beruht. Ihr Arbeitsprozess umfasst eine Reihe komplexer Schritte und aufwändiger Techniken—vom Kochen und Verarbeiten pflanzlicher Fasern über die Herstellung von Papier aus nassem Zellstoff bis hin zum Auftragen mehrerer Wachs- und Farbschichten. Diese Praktiken erinnern an die sukzessive Vorbereitung des Bodens für den Anbau von Nutzpflanzen, wie Kompostieren, Pflügen, Abbrennen und Unkrautjäten. Die taktile, lebendige Ästhetik der Kompositionen verweist auf die zahlreichen Gaben des Bodens und der Gemeinschaften und gipfelt in kaleidoskopischen Bildern von alternativen Landschaften. Diese Papierarbeiten sind keine erhabenen Kunstobjekte, die von ihrem Bezugsort losgelöst sind, sondern heben die zuordenbare Distanz zwischen Orten, Zeiträumen und sozialen Kontexten auf. Sie organisieren das Wissen über Relationen neu, jenseits der uns bekannten Kategorien von Geschichte und Ökologie, um auf unsere gemeinsamen Kämpfe und Bestrebungen unter der kartografischen Oberfläche von Land und Meer hinzuweisen.

 

Sacred Heart (sanctuary)

2024
Aquarell, Tinte, Bienenwachs, Abaca-Zellstoff, Bagasse (Zuckerrohrfaser), Koriander, Fenchel, Kenaf, Glimmer, Nipa-Palme, Seetang 
120,7 × 99,7 × 11,4 cm
 

Enzo Camacho & Ami Lien, Sacred Heart (sanctuary), 2024. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Camachos und Liens Recherchen auf der Plantageninsel Negros begannen mit The Angry Christ, einem queeren Wandgemälde des philippinisch-amerikanischen Künstlers Alfonso Ossorio aus dem Jahr 1950, das für die katholische Arbeiterkapelle auf dem Gelände einer Zuckerfabrik in Auftrag gegeben wurde. Die Kapelle wurde ursprünglich mit der Absicht gebaut, das religiöse Leben in den reibungslosen Ablauf der Plantagenwirtschaft einzubinden und soziale Unruhen und mögliche Aufstände unter den Arbeiter*innen zu verhindern. Die intensive, sinnliche Energie von Ossorios Wandmalerei und sein unvorhergesehenes Potenzial, sich dieser spirituellen Agenda des neokolonialen Regimes zu widersetzen, inspirierte die Künstler sowohl visuell als auch politisch. Sacred Heart (sanctuary) greift auf die Motive und lebhaften Farben von The Angry Christ und die Glasmalereien der Kaiser-Wilhem-Gedächtniskirche in Berlin zurück und lässt die widerständige Figur aus der Ferne auf sich wirken, während es gleichzeitig auf die unmittelbare Umgebung der Ausstellung reagiert. Sie bringt entfernte Orte in Verbindung und verwebt verschiedene Vergangenheiten des Bruchs und der Erneuerung miteinander. 
 

Alfonso Ossorio, The Angry Christ, Wandgemälde, 1950, Negros, die Philippinen, Courtesy die Künstler.

Enzo Camacho & Ami Lien, Sacred Heart (sanctuary), 2024, Detailansicht. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin


Social Volcano (restless waves)

2024
Aquarell, Bienenwachs, Abaca-Zellstoff, Bagasse (Zuckerrohrfaser), Bananenstängel, Kokosnussschalen, Cogon-Gras, Zitronengras, Glimmer, Ananasblätter, Zuckerrohrblätter, Wasserspinat, Muscheln, Seetang und Taro-Sprossen
93,3 × 154,3 × 11,4 cm

Enzo Camacho & Ami Lien, Social Volcano (restless waves), 2024. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Die ständige Hungersnot, die die Insel Negros in den 1980er Jahren plagte, sowie die zunehmende politische Unterdrückung von Protesten der Bäuerinnen und Bauern führten zu einem Klima großer Spannungen und Turbulenzen, das der lokale Bischof und Befreiungstheologe Antonio Fortich als „sozialen Vulkan“ bezeichnete. Höhepunkt war der landesweite Massenprotest im Jahr 1985, der zu dem tragischen Massaker in Escalante führte. Diese weit verbreitete Metapher wird von Camacho und Lien in einer eindrucksvollen Landschaftsbild mit dem Titel Social Volcano (restless waves) aufgegriffen, das einen Moment des Bruchs verkörpert, welcher die Geschichte der Insel unwiderruflich geprägt hat. Im nördlichen Teil von Negros liegt der Mount Kanlaon—der höchste Gipfel der Insel und ein aktiver Vulkan, der sowohl in alten Mythologien als auch in modernen Revolutionsnarrativen auftaucht. Die Topografie der Insel wird zu einer Inschrift der Zeit; Landschaft selbst ist Geschichte.
 

Enzo Camacho & Ami Lien, Social Volcano (restless waves), 2024, Detailansichten. Fotos: Diana Pfammatter/CCA Berlin


Flame Garden (bruised)


Flame Garden (enzyme)

2024
Aquarell, Tinte, Bienenwachs, Abaca-Zellstoff, Bagasse (Zuckerrohrfaser), Bananenstängel, Koriander, Kokosnuss, Cogon-Gras, Fenchel, Grünkohl, Lauch, Zwiebelschalen, Primelblüten, Reisschale, Sargassum-Algen, Muschel, Seetang, Frühlingszwiebel, Statice-Blüten und Taro-Sprossen
80,6 × 122,6 × 11,4 cm
 

2024
Aquarell, Tinte, Bienenwachs, Abaca-Pulpe, Bagasse (Zuckerrohrfaser), Bananenstängel, Bugnaiblatt, Koriander, Kokosnussschalen, Cogon-Gras, Fenchel, Grünkohl, Lauch, Zwiebelschalen, Primelblüten, Reishülle, Seemuschel, Seetang, Frühlingszwiebel, Statice-Blüten und Taro-Sprossen
80,6 × 122,6 × 11,4 cm

Enzo Camacho & Ami Lien, Flame Garden (bruised), 2024. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Enzo Camacho & Ami Lien, Flame Garden (enzyme), 2024. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Enzo Camacho & Ami Lien, Flame Garden (bruised), 2024, Detailansicht. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Enzo Camacho & Ami Lien, Flame Garden (enzyme), 2024, Detailansicht. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Als landwirtschaftliches Werkzeug wird Feuer eingesetzt, um Felder für die kommende Saison vorzubereiten. Hier sind die Feuer nicht allein eine zerstörerische, reinigende Kraft. Sie sind mit zarten Schmetterlingen verflochten, die scheinbar zerbrechlich sind und doch aus den Flammen hervorbrechen. Mit dieser blitzartigen Intensität sind die beiden Kompositionen der Bungkalan-Praxis gewidmet, die für Camacho und Lien die Verkörperung der unbändigen Kraft des Lebens ist. Ein Bungkalan-Gelände ist ein Garten oder eine Parzelle, die durch die allgemeine Praxis des Nahrungsmittelanbaus auf besetztem, gestohlenem oder monopolisiertem Land gekennzeichnet ist. In der gesamten Weltgeschichte sind Parzellen, die von Bäuerinnen und Bauern, versklavten und kolonisierten Menschen sowie von modernen Plantagenarbeiter*innen gepflegt werden, eine gemeinsame Strategie des Überlebens und des Widerstands gegen die gewaltsame Sterilität der monokulturellen Ökologie. Die Rückkehr zum Garten, verstanden als Reparatur von Bodens und Gesellschaft, erfordert eine Vorstellung vom revolutionären Feuer als generativ und lebensspendend.

 

Hunger Leaf (long breath)

Hunger Leaf (flagellation)

Hunger Leaf (curled)

2024
Calophyllum-Blatt (Bitalog-Blatt), Aquarell, Bienenwachs, Abaca-Fruchtfleisch, Bananenstaude, Koriander, Nipa, Petersilie, Frühlingszwiebel
61,6 × 67,9 × 11,4 cm
 

2024
Calophyllum-Blatt (Bitalog-Blatt), Aquarellfarbe, Bienenwachs, Abaca-Fruchtfleisch, Bananenstaude, Kokosnussschale, Koriander, Nipa, Petersilie, Seetang, Frühlingszwiebel und Taro-Sprossen
61,6 × 67,9 × 11,4 cm
 

2024
Calophyllum-Blatt (Bitalog-Blatt), Aquarellfarbe, Bienenwachs, Abaca-Fruchtfleisch, Bananenstaude, Cogon-Gras, Koriander, Fenchel, Petersilie, Frühlingszwiebel und Taro-Sprossen
61,6 × 67,9 × 11,4 cm
 

Enzo Camacho & Ami Lien, Hunger Leaf (long breath), 2024. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Enzo Camacho & Ami Lien, Hunger Leaf (flagellation), 2024. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Enzo Camacho & Ami Lien, Hunger Leaf (curled), 2024. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Enzo Camacho & Ami Lien, Hunger Leaf (long breath), 2024, Detailansicht. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Enzo Camacho & Ami Lien, Hunger Leaf (flagellation), 2024, Detailansicht. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Enzo Camacho & Ami Lien, Hunger Leaf (curled), 2024, Detailansicht. Foto: Diana Pfammatter/CCA Berlin

Als Antwort auf den im Dokumentarfilm erwähnten Begriff tigkiriwi—„der Hunger, der an den Eingeweiden nagt“—, welchen die Plantagenarbeiter*innen während der „toten Zeit“ (tiempo muerto) zwischen Ernte und Neubepflanzung erleben, besteht die Serie Hunger Leaf aus Blättern mit von Insekten zerfressenen Löchern, die die Künstler auf der Insel gefunden haben. Um dieser „toten Zeit“ zu widerstehen, besetzen die Arbeiter*innen kleine Parzellen in und um die Plantage, um ihre eigenen Lebensmittel anzubauen. Inspiriert von den perforierten Blättern schufen Camacho und Lien die abstrakte Umrandung durch eine Schichtung von botanischen Materialien, Wachs und Farbe. Ihre Form erinnert an eine aufgespaltene Schale oder einen Kokon. Die schichtweise Grundierung inszeniert ein Wechselspiel zwischen Mangel und Überfluss, zwischen der wundähnlichen Abwesenheit und den üppigen Potentialen und der Großzügigkeit des Landes.

Decomposition Animation

2023
16-mm-Farbfilm, stumm
50’’
 

Enzo Camacho & Ami Lien, Decomposition Animation, 2023, Filmstille, Courtesy die Künstler.

Unter Verwendung von nassen Fasern und organischen Stoffen haben Camacho und Lien ihren 16-mm-Animationsfilm akribisch Bild für Bild bearbeitet und mehr als fünfhundert Standbilder zu einer kurzen Sequenz zusammengesetzt. Dieser sorgfältige und taktile Prozess zeugt von einer intimen Beziehung zu Materialien und einem körperlichen Wissen über deren ästhetisches Potenzial. Decomposition Animation zeigt einen Loop der Metamorphose, die Symbole aus der folkloristischen Ikonografie und aus dem Umfeld der Plantage miteinander verbindet, um den zyklischen Charakter von Leben und Tod darzustellen. Diese Motive tauchen in der gesamten Ausstellung immer wieder auf und verknüpfen den Dokumentarfilm und die Papierarbeiten zu einer Geschichte der Transformation. Ein Schmetterling ist ein Reisender, der zwischen den Welten der Lebenden und der Toten hin- und herfliegt; aus seinen flatternden Flügeln entspringt eine tanzende Flamme, vergleichbar mit dem brennenden Zuckerrohrfeld; ein Herz mit einer Dornenkrone erinnert an Sacred Heart und The Angry Christ, verwandelt sich in ein schlagendes Organ, und löst sich im Symbol der Liebe auf; ein Blatt ist von Insekten zerfressen, die Löcher sehen wie die Einschusslöcher eines Maschinengewehrs aus; der Tod ist eine Rückkehr zur Erde ... Der Zyklus wiederholt sich.

Langit Lupa

2023/24
Digitales Video, Farbe, Ton
56’21’’ 
 

Enzo Camacho & Ami Lien, Langit Lupa, 2023/24, Filmstille, Courtesy die Künstler.

In dem experimentellen Dokumentarfilm Langit Lupa geht es um Trauer und Erinnerung in Folge des Escalante-Massakers. Am 20. September 1985 eröffneten dem Staat angehörende paramilitärische Truppen in dem Stadtzentrum Escalantes auf der philipphinischen Plantageninsel Negros das Feuer auf Zivilist*innen, die an einer friedlichen Demonstration teilnahmen. Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, Zuckerarbeiter*innen, Fischer*innen, Student*innen und Menschen anderer Gesellschaftsschichten waren zusammengekommen, um für eine Landreform, Arbeitsrechte und eine allgemeine Verbesserung der Lebensbedingungen auf der Insel zu demonstrieren. Mindestens zwanzig Demonstrant*innen wurden getötet und viele weitere verletzt. Was in Escalante geschah, war kein Einzelfall staatlicher Brutalität und politischer Unterdrückung in dem totalitären Regime von Ferdinand Marcos, dessen Einfluss aufgrund der Machtübernahme durch seinen Sohn bis heute anhält. Die andauernde Ermordung und Inhaftierung von Landaktivist*innen, Bäuerinnen und Bauern sowie die jüngste Zensierung des öffentlichen Gedenkens an das Massaker sprechen für eine unterdrückerische Gegenwart, die von den schrecklichen Hinterlassenschaften der historischen Unterwerfung des Landes und seiner Bevölkerung unter die koloniale und imperiale Herrschaft heimgesucht wird. Das Plantagensystem selbst ist eines dieser hartnäckigen Überbleibsel, das der Staat mit allen Mitteln versucht aufrechtzuerhalten. 

Langit Lupa verbindet Aussagen überlebender Zeitzeug*innen, die von dem gewalttätigen Ereignis berichten, mit Aufnahmen der monokulturellen Landschaft und des Lebens der lokalen Gemeinschaft inmitten der Zuckerrohrfelder. Diese werden durch abstrakte Sequenzen flackernder Formen unterbrochen, die Phytogramme von auf der Insel gesammelten Pflanzen zeigen. Die Phytogramm-Technik nutzt die organische Chemie der Pflanzen, um fotografische Bilder zu entwickeln, die die inneren Strukturen der botanischen Gewebe und Adern zeigen. Durch dieses bildgebende Verfahren werden die Pflanzen sowohl zum vermittelnden Träger als auch zum Gegenstand der Betrachtung innerhalb des Mediums. Sie bietet materielle Möglichkeiten für ihre eigene Offenlegung. Diese mikroskopische Choreografie der Vegetation spielt eine entscheidende Rolle bei der unmöglichen Aufgabe, Gewalt und ihre Folgen zu repräsentieren, und begleitet die Stimmen, die über das unsagbare Grauen und den Verlust sprechen. Ihre viszerale Wirkung in der Erzählung verkörpert eine innewohnende Verbindung zwischen Flora und Volk, sowie zwischen den Verbrechen, die über Jahrhunderte hinweg gegen das Land—„ein Massaker des Dschungels“—und seiner Bevölkerung begangen wurden. Beide sind konstitutiv für das kontinuierliche Projekt des (neo-)kolonialen „Earth-Writing“.

Der Titel des Films, Langit Lupa—übersetzt als „Himmel und Erde“—bezieht sich auf einen philippinischen Kinderreim, der mit der Zeile „Wer verlässt den Platz seiner Mutter?“ endet. Verweist das Verlassen des mütterlichen Ortes auf den Verlust von Heimat und Subsistenz, auf die Trennung von Land und Erde, oder auf den schmerzhaften Bruch der Zugehörigkeit? In einem Küstendorf in der Nähe von Escalante, in dem Camacho und Lien mehrere Monate wohnten und arbeiteten, haben sie sich durch gemeinsame Spiele und Workshops zur Papierherstellung mit einheimischen Kindern angefreundet. Später erfuhren sie, dass einige der Eltern an dem Protest von 1985 teilgenommen hatten. Eine Szene mit diesen spielenden Kindern wurde schließlich auf dem Dorffriedhof gedreht, auf dem Robena Franco—die jüngste Märtyrerin des Massakers—begraben ist. Hier, an einem Ort, an dem „der Besuch unserer Toten eine Familienangelegenheit ist“, inszenierten Camacho und Lien mit den Kindern eine Prozession, die an ein jährliches Gedenkritual in einer örtlichen Kirche erinnerte, dem die Künstler beigewohnt hatten. Langit Lupa zeigt, wie die Erinnerungen in den Gemeinschaften und darüber hinaus lebendig gehalten werden, wie eine trauernde Mutter sagte: „Ich wünschte, ich müsste mich nicht erinnern [...] Bis ich sterbe, werde ich nie vergessen.“ Hier wird das Erinnern nicht als Wahlmöglichkeit verstanden, sondern als schwierige Forderung nach der Rückkehr an einen erneuerten Ort, der durch das trotzige Beharren auf Überleben und Hoffnung transformiert wird.

Der Text wurde von Nan Xi auf Englisch verfasst und intern ins Deutsche übersetzt.