Frühling 25
Farah Al Qasimi, BLESS, Kea Bolenz, Reece Cox, Benjamin Lallier, Laura Langer, Joshua Tarelle Reid & Ross Alexander Payne, Jan Vorisek

Eröffnung:
24. Apr. 2025, 18–21 Uhr

Konzert: 
Marshall Vincent
2. Mai 2025, 19 Uhr
Kapelle, Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche

CCA Berlin freut sich, Frühling 25 zu präsentieren – eine Gruppenausstellung mit neuen und bestehenden Arbeiten von Farah Al Qasimi, BLESS, Kea Bolenz, Reece Cox, Benjamin Lallier, Laura Langer, Joshua Tarelle Reid & Ross Alexander Payne und Jan Vorisek.

Frühling 25 setzt den jährlichen Fokus des CCA Berlin fort, Künstler*innen in einer Gruppenausstellung zu versammeln, die in Berlin leben und arbeiten (plus eine Person, die wir gern hier in der Stadt wünschen). Gemeinsam tragen sie mit nuancierten Stimmen zu der sich ständig wandelnden, polyphonen städtischen Kulturszene bei. Durch ortsspezifische oder den Ort verändernde Arbeiten setzt sich Frühling 25 mit der Architektur, dem Standort und dem erweiterten soziohistorischen Kontext des Ausstellungsraumes auseinander. Im künstlerischen Ausdruck nicht festgelegt, schlägt die Ausstellung humorvolle, nachdenkliche, evokative und intime Wege vor, uns in der Gegenwart neu zu orientieren.
 

Frühling 25, Ausstellungsansicht, CCA Berlin, 2025. Fotos: Diana Pfammatter/CCA Berlin
 

Farah Al Qasimi ist eine Künstlerin, die zwischen New York und Abu Dhabi lebt. Al Qasimi arbeitet hauptsächlich mit Fotografie, Video und Performance und schafft Bilder, die die surreale, übersättigte und oft schwindelerregende Ästhetik des heutigen Lebens einfangen. In ihrer Arbeit untersucht sie Themen wie kulturübergreifende Identität, die alltägliche Dynamik von Macht, Geschlechterrollen und Geschmack sowie die Orientierungslosigkeit, die sich aus der Kolonialgeschichte, Migration und Konsumkultur ergibt.
In ihrer Videoarbeit Alone In A Crowd (King of Joy) aus dem Jahr 2022 improvisiert Al Qasimi auf dem Klavier, während sie ein Clownskostüm trägt. Unter der Mimikry der Freude offenbart und verbirgt die Performance eine Vielzahl von Emotionen.

BLESS ist ein Künstlerinnenduo, bestehend aus Désirée Heiss und Ines Kaag, die seit 1996 zusammenarbeiten. Sie bezeichnen sich selbst als „Situationsdesignerinnen“und schaffen eine einzigartige Verbindung von Mode, Kunst, Architektur, Wirtschaft und sozialer Praxis. Ihr Ansatz, alltägliche Gegenstände zu entwerfen, basiert auf der Überzeugung, dass man das Leben heute so gestalten kann, dass es eine lebenswerte Zukunft ermöglicht. BLESS stellt sich die Frage nach der eigenen Rolle als Gestalterinnen ihrer Umgebung und überprüft kontinuierlich die Notwendigkeit der Produkte, die sie schaffen.
Für CCA Berlin entwickeln die Situationsdesignerinnen eine ortsspezifische Installation, ausgehend von den Ausstellungsräumen des Hauses. Zentrales Element ist das eigens konzipierte N°29 Wallscape #40 Woodwonder CCA – eine fotografische Momentaufnahme eines Innenraums, der mit von Egon Eiermann Interieur inspirierten Produkten temporär ausgestattet wurde. Seit 2007, BLESS N°00 – N°29: Retrospective Home Run, benutzt BLESS die Möglichkeit der lebensgroßen Ablichtung ihrer Produkte für den Ausstellungskontext. Das auf einer Wandfläche im CCA angebrachte Wallscape spiegelt und erweitert den Raum und wird ergänzt durch zwei bedruckte, halbtransparente Vorhänge, die N°81 Woodwonder Curtains CCA. Verschiedene N°81 Woodified Objects, verlassen das Bild und finden sich im Gebäude als nutzbare Objekte ein. Das Situationsdesign changiert Alltagsrealität und deren subtiler Irritation, greift bestehende Raumsituationen auf und deutet sie durch Perspektivverschiebung und räumliche Überlagerung neu. Die Bildflächen verschmelzen mit dem realen Raum und schaffen ein mehrschichtiges Gefüge im Dialog zwischen Zwei- und Dreidimensionalität, verankert in der Sprache des Egon-Eiermann-Baus.

Kea Bolenz präsentiert in ihren filigranen Bleistiftminiaturen die kleine Welt des Menschen als verkleinertes Abbild des Universums. Das Format der Zeichnungen nötigt den Betrachter, ganz nah heranzutreten. Es erzwingt eine Art von intimer Auseinandersetzung, die in der physischen Nähe ebenso angelegt ist wie in der Motivik selbst: Die Arbeiten zeigen Szenen von Erotik und Entfremdung, aus denen hermaphroditische Zwischenwesen, scheinbar arbiträres Gerümpel, sinnlose Verweise und humorige Wendungen erwachsen.
Das Alltägliche vermischt sich mit „perversen“ Fantasien, in denen soziale und physische Ekelempfindungen devianten Lustgewinn generieren. Im Kontext von Gegenwartsphänomenen wie Vereinzelung und Entkörperlichung kann diese Art der künstlerischen Auseinandersetzung als existenzielles Aufbäumen verstanden werden.
Die Zeichnungen vermitteln eine sinnliche Widerständigkeit gegen die Verlagerung menschlicher Erfahrung ins Virtuelle – indem sie einerseits thematisch intime, körperliche Dimensionen menschlicher Existenz aufgreifen und andererseits durch ihr Format eine Betrachtungssituation erzeugen, die stille, ungeteilte Aufmerksamkeit verlangt.

Reece Cox ist ein in Berlin lebender Künstler, Musiker und Autor. In letzter Zeit hat er Performances an Orten wie House, Berlin; September Sessions, Stockholm; Shahin Zarinbal, Berlin; Sara’s, New York; Gisela Capitain, Köln und anderen aufgeführt. Reece Cox’ Projekt Poser ist eine fiktive Musikgruppe ohne feste Mitglieder. Indem es den Mythos einer Band aufgreift und gleichzeitig dekonstruiert, dient Poser in erster Linie als Vehikel für die Produktion von Bildern und Live-Performances, die Begriffe wie künstlerische Authentizität, Experiment und Performativität in Frage stellen und kontaminieren. In den letzten Jahren ist Poser unter anderem im Sara’s, New York, im KW Institute for Contemporary Art und im Roten Salon der Volksbühne aufgetreten.
Im CCA präsentiert Cox drei neue Arbeiten auf Holztafeln, in denen er das Potenzial von Performance als Motor der Bildproduktion – und von Bildproduktion als Motor für Variation, selbst innerhalb begrenzter Arbeitsprinzipien – erforscht. In den drei Arbeiten setzt Cox eine breite Palette von Siebdrucktechniken ein, um einzigartige Renderings desselben Bildes zu schaffen: ein Filmstill von Steve Katona, der in seinem Haus Cembalo spielt. Wie Poser werfen auch diese Arbeiten Fragen nach der Authentizität des Bildes auf und zeigen, wie sich ein Bild mit jeder Reproduktion grundlegend verändert.

Benjamin Lallier lebt und arbeitet in Berlin. Die vielseitige Praxis des Künstlers basiert auf der Erforschung des menschlichen Wunsches, das Leben zu erfahren, und reflektiert unsere Fähigkeit, unsere Sehnsüchte und Träume, oft blind, auf Orte, Objekte, Ideen und andere Menschen zu projizieren. Infolgedessen übt er Kritik an sozialen Strukturen und an Anspielungen auf Idealismus. Seine satirischen Untersuchungen nehmen in Form von Gemälden, Skulpturen und Installationen Gestalt an, die Referenzen aus unterschiedlichsten historischen und zeitgenössischen Quellen aufgreifen – zum Beispiel Brüggels Gemälde tanzender Bauern, das Brechtsche Theater, Agnes Martins Theorie der Schönheit oder ein Bild von Chloe Cherry, die vom Pornostar zur Schauspielerin wurde. Lalliers Praxis liegt ein Interesse zugrunde, die Grenzen zwischen dem Realen und dem Illusorischen auszuloten. Er spielt oft mit der Idee von Serialität und Wiederholung, indem er in Serien arbeitet – wobei kein Bild oder Objekt jemals identisch ist.
Lying on the Grass ist eine Mischung aus zwei Referenzen. Die erste ist Manets Frühstück im Grünen – ein Gemälde, das für den Künstler von Bedeutung ist, weil es sich weigert, konventionellen Normen zu folgen, und weil Manet damit eine neue Freiheit von traditionellen Sujets und Darstellungsweisen einleitete. Lallier entfernt das Subjekt selbst und betont dessen Abwesenheit, indem er lediglich das Kostüm präsentiert. Die zweite Referenz spielt auf einen umgangssprachlichen Ausdruck an, der eine lügende Person beschreibt – technisch ausgedrückt als „ein Lügner vor grünem Hintergrund“, was sich auf den Greenscreen bezieht, der im Kino und in anderen Medien verwendet wird. Der Titel Lying on the Grass verbindet diese beiden Referenzen durch seine doppelte Bedeutung: auf dem Gras liegen, oder die Unwahrheit sagen.

Laura Langer ist eine in Berlin lebende Künstlerin, die hauptsächlich mit Malerei arbeitet. Während sie in ihrem Atelier an einer Reihe von figurativen Gemälden arbeitet, legt sie absichtlich eine separate Leinwand beiseite – eine Fläche, auf der sie überschüssige Farbe ablädt. Schicht für Schicht sammeln sich diese Spuren an und lassen eine Serie abstrakter Gemälde mit dem Titel Discharge Paintings entstehen. 
Im Text zu ihrer Einzelausstellung Mothers 2024 bei Ilenia, London, erklärt Langer: „Das figurative Gemälde ist die Mutter eines Discharge Paintings. Ein Discharge Painting ist ein Ort, an dem das Unerwünschte willkommen ist, an dem ich nicht aufgenommene Impulse ablege, an dem ich meine Pinsel reinige, an dem ich weitermachen kann. Es gibt eine gewisse Gerechtigkeit im Chaos, wenn etwas Hässliches, zunächst Unerwünschtes, entlarvt und enthüllt wird und allein durch die Tatsache, dass es existiert und auf seiner Existenz beharrt, einen Wert erhält. Es erlangt sein Recht zu leben.“

Joshua Tarelle Reid & Ross Alexander Payne sind in Berlin lebende Künstler aus dem Norden Englands, die in ihrer weitreichenden Arbeit mit Klang und akustischen Materialien Themen wie Arbeit, Klasse und die Sozialgeschichte von musikalischen Subkulturen erforschen. Joshua Tarelle Reid ist Künstler, Produzent und Mitglied des experimentellen Musikduos Space Afrika und lebt und arbeitet in Berlin und Paris. Ross Alexander Payne arbeitet in den Bereichen Klangkunst, Musik, bildende Kunst, Performance, Radiokunst, Installation, digitale Medien, Intervention, soziale Praxis und Bildung.
To Have Been A Part (Where Are We Today...) ist eine Installation, die Sprachaufnahmen ausgewählter Kommentare aus Online-Videos verwendet, welche die britische Rave-Kultur der 1980er- und 1990er-Jahre dokumentieren. Die Klanginstallation wurde erstmals 2024 an der Fassade des Berliner Clubs Tresor gezeigt. Nun ist sie in den Ausstellungsraum des CCA neben der Gedächtniskirche verlegt worden, wodurch sich die Bedeutung des Werks drastisch verändert und sich sein sozialgeschichtlicher Kontext in einem neuen, ortsspezifischen Rahmen entfaltet.

Jan Vorisek arbeitet in den Bereichen Skulptur, Installation, Performance, improvisierte Musik und Noise. Voriseks Installationen sind ortsspezifische Kommentare, die Ephemera und Dokumentationen einbeziehen und formale Hierarchien hinterfragen. Durch Assemblagen aus gebrauchten und gefundenen Materialien sowie klangerzeugenden Geräten reflektiert der Künstler über die Fluktuation von Noise als Träger von Informationen. Seine Praxis umfasst auch seine Tätigkeit als DJ und Organisator von Club- und experimentellen Musikveranstaltungen, die Räume für kollektive Resonanz schaffen und gleichzeitig kritische Fragen zu subkulturellen Dynamiken aufwerfen. Seine Arbeiten wurden in Einzelausstellungen bei Arcadia Missa in London, dem Swiss Institute in New York, dem Kunstmuseum Winterthur, dem Kunsthaus Glarus und Hard Hat Geneva gezeigt.
Gefundene und selbst hergestellte Styroporverpackungen – stumme Zeugen unserer globalen Konsumkultur – wurden durch Farbe, Latex, Harz, Kopierpapier und Gips in beständige, zugleich fragile Objekte verwandelt. In diesem Prozess wird das Vergängliche in etwas Dauerhaftes überführt und gängige Vorstellungen von Wert und Wegwerfbarkeit werden infrage gestellt. Mit Gittern überzogen, erinnern sie an brutalistische Architektur und existieren zugleich in einem Zustand zeitlicher Dissonanz, der Ängste vor der Umweltzerstörung wachruft. Ursprünglich als Halterung für Flachbildfernseher gedacht, fungieren sie nun als ortsspezifischer Kommentar zum zyklischen Wesen von Produktion, Konsum und Obsoleszenz – ein Spiegelbild der dystopischen Strömungen unseres digitalen Zeitalters im Zentrum der globalen Tech-Ökonomie.

Kuratoren: Dounia Biedermann, Nan Xi, Mathis Neuhaus, Fabian Schöneich
Produktion: Franz Hempel